Donnerstag, 23. Juni 2022

Nordwärts

Hallo ihr Lieben, 

jetzt haben wir schon ewig nichts mehr von uns hören lassen. Ich habe das Gefühl, dass wir das öfter sagen bzw. schreiben. Dieser Satz steht bestimmt schon häufiger am Anfang. 
Aber die Abstände scheinen auch wirklich immer größer zu werden. 
Klar, es gab einfach auch sehr viele längere Pausen an Orten, an denen wir einfach nur gearbeitet und kurzzeitig gelebt haben. 
Außerdem waren wir in den letzten Monaten auch öfter mal zu Hause und durften viel Zeit im Kreise unserer Familie und Freunde verbringen. 

Von der Schweiz haben wir ja bereits ein bisschen berichtet. Wir sind täglich morgens früh aufgestanden und haben uns oben auf dem Berg die Füße platt gelatscht. Aber es hat uns sehr viel Spaß gemacht, sodass wir recht schnell entschieden hatten wiederzukommen. Unsere Chefin war glücklicherweise zufrieden mit uns und so haben wir den Job für nächsten Winter wieder in der Tasche.  

Nachdem wir letzten April aus der Schweiz wieder in unserer Heimat kamen, haben wir den Monat im Kreise unserer Lieben verbracht. Ostern zu Hause war auch mal wieder toll. Wir haben uns in dieser Zeit natürlich aber auch wieder auf unseren Weiterreise vorbereitet. 

Es stand schon länger fest, dass wir den Sommer auf Island verbringen würden. Den Job auf Island hatten wir schon im letzten Herbst an Land gezogen. Da waren wir gerade erst mit den Fahrrädern losgezogen und hatten uns Gedanken gemacht, wie wir unser Budget in nächster Zeit ein bisschen auffüllen könnten. Zu der Zeit war noch gar nicht die Rede von der Schweiz. Der Job in Island war aber schon sicher, dachten wir zumindest... 
Während der Zeit in Deutschland im April stellte sich heraus, dass irgendwie etwas schief gelaufen war. Meinen Job in der Pflege auf Island im Altersheim in Hvolsvöllur hatte ich sicher, Laura ihren in der Küche im Heim dagegen nicht (mehr). Alle Stellen waren schon besetzt. Na so ein Scheiß. 
Laura fand während der Zeit zu Hause trotzdem schon eine neue Stelle, leider aber nicht auf Island. 
Für Laura sollte es ab Anfang Juni wieder in die Schweiz gehen. Dort hatte sie einen Job auf dem Campingplatz in Grindelwald gefunden. 

Wir freuten uns trotzdem, erst einmal gemeinsam durch Dänemark zu radeln. Den Plan hatten wir schon länger ausgeheckt. So fuhren wir Anfang Mai mit dem Zug bis nach Flensburg, an die Grenze Dänemarks. 

Von dort aus hatten wir ein wenig Schwierigkeiten die Grenze überhaupt zu finden. So fuhren wir die erste halbe Stunde im Kreis, bis wir jemanden fragten der uns die Richtung wies. Dann war es auch nicht mehr weit bis wir wirklich dänisches Territorium betraten. 

Der Weg führte uns erst einmal immer die Küste entlang. Wir waren auf der Ostsee-Seite gelandet und wollten hier erst einmal Richtung Norden radeln, bis wir am darauffolgenden Samstag unsere Freunde in Aarhus treffen wollten. Anja, Miri und Simon hatten heldenhafterweise entschieden, uns eine Woche lang zu begleiten. Natürlich auch per Fahrrad. Deswegen auch heldenhaft. 

Das System für Radfahrer und auch Wanderer in Dänemark ist sehr ausgeklügelt. Es gibt eine App, in der alle Schlafmöglichkeiten für Wanderer und Radfahrer angezeigt werden. Nämlich in der Shelter App. Shelter sind dreiwandige kleine Holzhütten, in die man sich mit seinem Schlafsack reinschieben kann. Die Plätze mit den Hüttchen befinden sich meistens an richtig schönen Orten, an denen man dann umsonst übernachten darf. 

Es bedarf selten einer Vorbuchung. Denn meistens hat einfach derjenige Glück, der einen freien Platz zuerst findet. Wir trafen nur zweimal auf Gruppen, die sich Shelter vorgebucht hatten. In einem Fall war es eine Schulklasse an einem Naturschutzgebiete. Ein anderes Mal, in der Nähe von Aarhus, hatten wir bedingt durch das Wochenende Pech. 
Viele Shelter waren mit Kindergruppen besetzt. Aber man muss es ihnen lassen, die Dänen sind schon hart im Nehmen. Ich glaube in Deutschland würden uns die Kinder einen Vogel zeigen, bei 5 Grad draußen zu pennen. 

Jedenfalls genossen wir den Luxus, dass wir erstens nicht "illegal" Wildcampen mussten und zweitens auch immer garantiert abends ohne Stress einen Schlafplatz fanden. Sehr entspannt. Dänemark ist wirklich voller Shelterplätze. Dadurch hatten wir einen Stressfaktor weniger am Tag. 

Vielmehr konnten wir einfach vor uns hin radeln und waren sicher, dass wir irgendwann am Abend auf jeden Fall ein schönes Plätzchen zum Schlafen finden würden. Besonders die Shelter an den Küsten fanden wir besonders reizvoll. 

Am Meer zu schlafen und besonders morgens dort aufzuwachen ist schon grandios. Einmal sogar mit direktem Blick auf eine fette Robbe, die sich in der Sonne aalte, und ein anderes Mal mit einem Spatzenwecker, die auf uns am Morgen herumhüpften.

Insgesamt radelten wir 12 Tage durch Dänemark bzw. durch diesen Teil von Dänemark immer nordwärts. Beginnend an der Ostseeküste bei Flensburg, und auf Höhe Aalborg ab auf die Nordsee-Seite. Bis wir Hirtshals erreicht hatten.
Dort hieß es Abschied nehmen von Anja, Miri und Simon. 

Am 14.06. stiegen wir auf die Fähre Richtung Island. Die Fahrt dauert drei Tage. 
Der Tag an dem wir auf die Fähre stiegen, war schön sonnig aber sehr sehr stürmisch. So fing das Geschaukel sofort an. Wir brauchten einige Zeit um uns an das Geschwanke zu gewöhnen, und nicht grün im Gesicht die ganze Zeit herumzuliegen. 
So ging es uns am besten, wenn wir uns an Deck setzten und einfach weit weit auf's Meer starrten. 

Am zweiten Tag fuhren wir an den Shetland Inseln vorbei und hatten eine schöne Aussicht. Sah schon ein bisschen aus wie Klein-Island. 


Danach den Tag landeten wir morgens auf den Färöer Inseln. Hier hatten wir drei oder vier Stunden Landgang. Die nutzten wir natürlich aus, um mal festen Boden unter den Füßen zu spüren. Wir wanderten durch das Örtchen Tórshavn, welches gleichzeitig die Hauptstadt ist. Auch die Färöer Inseln sehen aus wie Mini-Island. 
Am dritten Tag kamen wir dann morgens auf Island an. Genauer gesagt in Seyðisfjörður. 

Wir hatten uns schon vorher überlegt, dass wir es wetterabhängig machen wollten, ob wir die erste Strecke direkt radeln. Aus eigener Erfahrung wissen wir ja, dass Island auf zwei Rädern nicht zu unterschätzen ist. Dann noch mit dem ganzen Gepäck! Eigentlich hatte ich sogar gedacht, dass es schier unmöglich sei mit dem Fahrrad durch Island zu fahren. Aber das Wetter sah eigentlich ganz gut aus. Zumindest in diesem Moment. Also erst einmal los radeln und den ersten Pass überwinden. Oben lag noch ordentlich Schnee auf knapp 1000m, aber die Straßen waren natürlich freigeräumt. 

Auf der anderen Seite ging es dann wieder steil runter. Und schon hatten wir gegen Mittag Egilsstaðir erreicht. Nach einer kleinen Mittagspause und einem Wettercheck, entschieden wir weiterzufahren. Gar keine leichte Entscheidung, denn schließlich hieß es jetzt aufhören für heute oder direkt noch einmal 70km dranhängen. Es sollte zwar nicht mehr auf 1000m gehen, aber im Auf und Ab auf noch einmal 600m. Außerdem sollte es im Laufe des Tages eventuell anfangen zu regnen. Das weiß man dann ja leider aber doch nie auf Island. Allerdings sah die Wettervorhersage für die nächsten Tage noch schlechter aus. Also lieber einmal Durchziehen und dafür danach in Ruhe weiter überlegen?

Das klang nach einem guten Plan. Aber das kennen wir ja schon. Erstens kommt es anders und zweitens als wir uns das gedacht haben. 
Das Wetter schlug dann doch recht schnell um, es windete von vorne kräftig und regnete dabei horizontal. Und es ging stets bergauf... 

Aber jetzt hatten wir diese Entscheidung nun mal getroffen, und es sah nicht so aus als gäbe es irgendeine Alternative auf dem Weg, als im Straßengraben zu pennen. Der Wind und der Regen peitschten so sehr, dass wir auch keine Lust hatten unser Zelt irgendwo im Sturm aufzustellen. Also Weitermachen. Dunkel würde es ja eh nicht mehr werden. Bis zur Mittsommernacht Mitte Juni ist es nicht mehr lang und es wird zu dieser Zeit schon abends nur kurz mal dunkler. So kamen wir durchtränkt und durchwindet und mit wackligen Beinen gegen 22 Uhr abends in dem kleinen Fischerort Djúpivogur an. 
Ich rief in einem Hostel an, zu welchem auch ein Hotel gehörte und dessen Rezeption noch besetzt war. Also stapften wir triefnass in das Hotel und stellten uns an der Rezeption an. Während wir warteten wurden wir mehrmals angesprochen, dass man uns heute auf dem Weg gesehen hatte und sich schon Sorgen um uns gemacht hätte. Eine Dame aus Texas betonte gegenüber dem Rezeptionisten sogar, dass wir auf dem Boden ihres Hotelzimmers schlafen dürften, wenn er keine Möglichkeit mehr hätte uns unterzubringen. Doch er hatte noch ein Zimmer im Hostel frei. Und dort mieteten wir uns dann ein, hängten unsere Sachen im ganzen Zimmer auf und verbrachten dort im Endeffekt drei Tage. 

Leider wurde das Wetter doch nicht besser. Also entschlossen wir uns einen Bus von Djúpivogur nach Höfn zu nehmen. Die Fahrräder passten gut hinten rein und wir waren die einzigen Fahrgäste. In Höfn gingen wir wieder in ein Gästehaus, was so langsam an unserem Budget kratzte.

Und es regnete weiter und weiter und weiter... Und wir stellten uns die Frage: Ist es für uns teurer zu radeln aber in Gästehäusern zu schlafen, oder können wir besser mit dem Bus lange Strecken überbrücken und dafür früher im Süden ankommen? 
Da wir keine große Lust hatten bei dem Regen und Wind weiterzufahren, nahmen wir den Bus von Höfn nach Vík.

Nachmittags in Vík angekommen, regnete es immer noch. Nun also eigentlich schon seit dem Mittag unserer Ankunft vor ein paar Tagen.
Trotzdem hieß es heute einmal Campingplatz. Wir meldeten uns schon mal mit unserem kleinen Zelt an und verbrachten dann den Abend in einem Gemeinschaftsraum, bis wir das Gefühl hatten es würde etwas weniger regnen. 

Wie versprochen schien dann tatsächlich am nächsten Tag die Sonne Wahnsinn! Und schon sah alles anders aus. 
Der knallblaue Himmel, die saftigen grünen Wiesen, schwarze Lavafelder und Strände und im Hintergrund die weißen Gletscher. Einfach richtig schön! 

Bis nach Hvolsvöllur würden es noch knapp 100km sein und wir nahmen uns vor, erst einmal loszufahren und notfalls unterwegs noch einmal auf halber Strecke zu zelten. Tatsächlich stand uns heute aber nicht nur die Sonne bei, sondern auch der Wind. Denn heute pustete er mal von hinten. Zwar nicht so doll wie die letzten Tage, aber schon so, dass wir die Strecke quasi vor uns hinflogen. Die letzten Kilometer fing es dann doch noch mal an zu regnen, aber in Hvolsvöllur angekommen, konnten wir ziemlich schnell mein neues Heim für die nächsten Wochen beziehen. Also endlich mal wieder heiß duschen, Wäsche waschen und einen riesigen Einkauf im Supermarkt machen.  

Laura blieb noch bis zum 02.06. und machte sich dann auf den Weg in die Schweiz. Da ich erst am 01.06. anfing zu arbeiten, hatten wir also noch ein paar Tage Zeit um die Gegend zu erkunden und ein paar Leute zu besuchen. Auch Anja kam noch mal aus Deutschland und wir feierten in ihren Geburtstag hinein. 

Nun verbringen wir die nächsten drei Monate beide in richtig schönen Gegenden in Europa. Leider nicht zusammen, sondern jeder für sich. 
Das muss jetzt einfach mal sein. Wir kriegen das schon hin und freuen uns im Herbst wieder weiterziehen zu können.

Laura wird Anfang September wieder nach Island kommen. Ihr Fahrrad hat sie hier bei mir untergestellt. Am 8. September geht dann der Flug nach Portland, Oregon in den USA. Ist schon gebucht, juchu! 

Die Fahrräder kommen natürlich mit! Wir werden den Pacific Highway, also die Küstenstraße, Richtung Süden herunterfahren. Mal sehen wie weit wir kommen. Auf dem Weg gibt es einiges zu sehen, aber das planen wir dann erst, wenn wir wirklich vor Ort sind. 

Und damit ihr auch nochmal seht, wo Laura sich gerade herumtreibt. Die wunderschönen Schweizer Alpen rund um Grindelwald und der Jungfrauregion: