Dienstag, 27. Oktober 2020

Griechenland

Kaliméra oder Ya sas aus Griechenland!

Nach einer letzten wunderbaren Italien-Woche mit unserer neuen Reisefamilie, ging es für uns alle letzten Donnerstag per Fähre von Italien nach Griechenland. 



Die Fahrt verbrachten wir auf dem Boden. Gemütlicher Teppich, unangenehm pöbelnde Leute, daher wenig Schlaf- aber alles gut. Jetzt sind wir ja da!

Unsere Reisefamilie, bestehend aus Nadine, Fabio und klein Carlo, nahm uns vom Hafen in Igoumenitsa mit zum nächsten Strand. Mitnehmen bedeutet dass wir uns hinten in ihrem ausgebauten Laster transportieren ließen. Ihr Gefährt namens "Bela" ist richtig toll!
Sehr individuell eingerichtet und mit ganz viel Holz verkleidet. Ein richtig hübsches Zuhause fährt da durch die Gegend mit drei uns sehr liebgewonnen Freunden.

Die ausgesuchte Bucht war perfekt. Wenig Leute, besonders nach dem Gewitter und Regen am ersten Nachmittag - ein Paradies fast nur für uns!
Laura und ich stellten unser kleines Zelt auf und hausten einige Tage fast direkt am Strand. Morgens ins Meer zum "Duschen", mittags ins Dorf ein paar Sachen einkaufen, nachmittags nochmal ein wenig Schwimmen und Herumtauchen, mit Carlo toben und abends gemeinsam Kochen und zusammensitzen. Herrlich!
Wir lernten außerdem einen sehr netten Griechen kennen, der uns ab Tag 3 kleines Frühstück mitbrachte wenn er am Vormittag zum obligatorischen Bad vorbeikam. Jeder braucht einen Markos am Strand!




Weil es zu fünft so schön und auch schon so gewohnt war, zogen wir nach einigen Tagen gemeinsam weiter zum nächsten Strand. Dort trafen wir auf Philine, Julian und den kleinen Fio. Auch mit ihrem umgebauten fahrbahren Untersatz unterwegs. Der Strand war auch wunderschön. Felsiger, aber dafür spannender beim Fischegucken. Wir durften unter den Olivenbäumen unser Zelt aufschlagen.




Am ersten Abend bekamen Philine, Julian und Fio Besuch von einer Familie aus Afghanistan. Sie kamen abends wohl öfter vorbei und hatten sich angefreundet. Nesrin, Murad und deren Kinder Daniyal (6), Shadokht (5) und Mohammed (1) sind eine tolle Familie! Eigentlich wollten Laura und ich am nächsten Tag weiterziehen. Aber der kleine Mohammed hatte am nächsten Tag seinen 1. Geburtstag und so wurden wir prompt allesamt zum Essen am Strand eingeladen! Da mussten wir natürlich bleiben!
Wir wollten diese tollen Menschen unbedingt näher kennenlernen und ihre Geschichte hören.





Und es war eine fantastische Entscheidung noch eine Nacht zu bleiben und mit der Familie am Strand am Feuer zu sitzen und zu erfahren, wie sie nach Griechenland gekommen waren. Und wir finden es wichtig, dass ihr die Geschichte auch hört.


2015 machten sich Murad, Nesrin, Daniyal und die kleine Shadokht auf den Weg, raus aus Kabul. Shadokht war erst ein halbes Jahr alt und so durften Nesrin, Daniyal und sie einen Flug in den Iran nehmen. Murad lief den Weg zu Fuß und sie trafen sich im Iran wieder. Murad arbeitete ein Jahr in Teheran schwarz um Geld an die Seite zu schaffen, damit sie bald weiterziehen konnten. Er wurde dementsprechend behandelt.

Als es weiterging, für alle zu Fuß und teilweise per Auto mitgenommen, war Nesrin wieder schwanger und alle machten sich große Sorgen ob sie es in die Türkei und weiter nach Griechenland schaffen würden. Schließlich erreichten sie die Türkei und später die Küste, um in einem Boot nach Lesbos zu fahren. Nesrin erzählte uns, dass sie große Angst hatte und viele andere Boote viel zu voll gewesen seien und kenterten. Sie selber könne nicht schwimmen.

Die Familie aber hatte Glück. Als sie in Griechenland ankamen erklärte Murad diesen Tag zu seinem Geburtstag. Er wisse eh nicht das genaue Datum.

Die Familie lebte bis 2019 auf Lesbos im Lager von Moria. Nesrin erzählte, dass sie 2019 bei der Geburt von Mohammed im Krankenhaus des Lagers sehr schlecht behandelt worden sei. Sie waren froh als sie letztes Jahr auf's Festland kamen, in die Nähe von Parga. Dort leben sie seitdem in einem von zwei Hotels, welche für die Flüchtlinge zur Verfügung gestellt wurden. Es leben etwa 60-70 Familien in den Hotels. Den Familien werden unter anderem tägliche Mahlzeiten angeboten. Nesrin erzählte aber, dass sie heimlich selber auf dem Zimmer koche, da ihnen die Sachen besser schmecken und in Afghanistan anders gekocht werde. Wir können ihre Kochkünste nur bestätigen!


Nesrin, Murad und alle aus ihrer Familie haben Schreckliches gesehen und erlebt in ihrer Heimat. Nesrin sagte sie vermisse ihre Heimat sehr. Aber sie wisse auch, dass es in Kabul und Afghanistan nie wieder so sein wird wie früher und sie versuche nun in Europa ein Gefühl von Heimat zu entwickeln. Sie sei aber sehr froh, dass sie hier ein viel freieres Leben führen könne. Ihr Kopftuch trägt sie nicht mehr.

Leider würden sie oft auf Menschen treffen, die sie ablehnen, ihnen nicht helfen wollen, sie im Laden abweisen und nicht bedienen wollen oder im Kindergarten nur als "die Flüchtlinge" sehen. Wir haben sie kennenlernen dürfen. Und auch wenn es nur ein winziger Anteil von all den geflüchteten Menschen ist und es ganz sicher auch andere Menschen gibt, so haben wir durch diese Begegnung gelernt, dass es wichtig ist den Leuten zuzuhören, sich die Geschichten erzählen zu lassen und ein Gesicht zu den Geschichten vor Augen zu haben.
Für mehr Verständnis und Respekt.



Sonntag, 11. Oktober 2020

Bella Italia?!

 Italien war für uns selber ja eine "Überraschung" und so hatten wir zunächst keine großen Pläne und Ziele.
Venedig steuerten wir als erstes an, weil es dort schön und zur Zeit leer sein soll und es nicht allzu weit von der Slowenischen Grenze lag. Wie zuletzt berichtet, hat uns Venedig dann ja auch sehr gut gefallen. 
Und nun?
Wir rätselten in Venedig wo es denn hingehen soll, wo es ruhig ist, günstig und wo wir gut hin- und wegkommen. Gar nicht so einfach!
Schließlich entschlossen wir uns für eine Städterunde und fuhren von Venedig aus über Bologna in ein kleines Örtchen zwischen Florenz und Pisa.

Bologna gefiel uns ganz gut und sah irgendwie ein bisschen anders aus als die anderen Städte. Mehr roter Backstein als der helle weiße Kalkstein an Kirchen und auf Plätzen. 



Obwohl der schiefe Turm in Pisa steht, waren diese beiden hier auch nicht ohne...


Weil wir dachten dass es sich in Bologna gehört Bolognese zu essen, wollte Laura das direkt erledigen. Wir stellten aber fest dass die Italiener gar nicht Spaghetti Bolognese essen sondern Tagliatelle al Ragùt. Also Bandnudeln mit "Gulaschsoße". Hat ihr auch geschmeckt.


Unsere Unterkunft der folgenden Tage lag perfekt zwischen Pisa und Florenz, sodass wir an einem Tag einen Ausflug nach Pisa machten und am Tag unserer Weiterreise in Florenz stoppten. 


Pisa: sehr hübsch, hat viel mehr zu bieten als nur einen Turm (besonders auf dem selbigen Platz) und recht entspannt. Schön durchzubummeln.






Florenz erwischten wir leider nur im Regen und fanden es trotzdem schön. Die Kathedrale Santa Maria del Fiore war echt überwältigend und wir klapperten noch einige weitere "must sees" ab. 






Abends ging es weiter nach Rom.
Unser Zelt musste wegen des angekündigten Regens weiterhin im Rucksack verbleiben und so suchten wir uns ein Hostel. Unsere Zimmergenossinnen entpuppten sich als sehr lustige Italienerinnen, die gerade versuchten ein neues Leben zu starten. Sie erzählten uns dass Italien für sie nichts mehr zu bieten habe. Keine Jobs oder wenn dann total unterbezahlt. Nun wollen sie langfristig raus aus Italien. 
Unsere Gespräche veranstalteten wir hauptsächlich mit Händen und Füßen, aber wir stellen fest dass wir alle einfach "international" sprechen und schon verstehen was der andere meint.

Rom hat uns echt umgehauen. Und es gibt so so viel zu sehen. Laura hatte ihren Schrittzähler angeworfen und schon am ersten Abend ("heute machen wir aber nur entspannt") hatte sie 36.000 Schritte auf dem Tacho. Knapp 25km bei der Körpergröße...
Wir waren so fasziniert von allem, dass wir einfach von einem zum anderen Ort gingen und dann wieder was neues entdeckten. 
Dann doch noch eben zum Petersplatz? Und sollen wir nochmal schauen wie später alles im Dunkeln aussieht mit der Beleuchtung? 
Usw.



Ich lief die ganze Zeit
mit meinen Asterix und Obelix Bildern im Kopf durch die Stadt, hielt Ausschau nach Cäsars Palast und stellte mir vor wie Obelix die Löwen im Collosseum verkloppt. 


Den Papst haben wir übrigens genauso wenig getroffen wie Cäsar. Aber dafür seinen Dom bestaunt. 




Von Rom aus ging es Richtung Süden nach Pompeji. Günstiger Campingplatz, gutes Wetter, in der Nähe vom Meer UND die Ausgrabungen vom antiken Pompeji vor der Zelthaustür.
Der Campingplatz lag aber auch hinter den Bahnschienen und teilweise machten wir uns Sorgen umgefahren zu werden während man im Waschraum auf dem Klo hockte. Es war also laut. An der Fußseite am Zelt der Zug, an der Kopfseite der Glascontainer. ABER günstig. 

Leider hat uns der Anblick des nahegelegenen Strandes bei Castellamare sehr erschreckt. Überall (Plastik-)Müll. Und nicht nur dort, sondern auch an den Straßenrändern, in den Gräben nebst Hundehaufen überall. Wir hatten auch eine erste Begegnung mit Straßenhunden, die ihren Strandabschnitt verteidigen wollten. Wir schienen alle gleichermaßen verunsichert ob wir nun Angst voreinander haben mussten oder nicht. Wir machten lieber einen großen Bogen um sie.


Wir fragen uns nun ob wir einfach von unserer Sauberkeit in Deutschland und an den Stränden verwöhnt sind oder wir "zu Recht" erschrocken über die anscheinend herrschende Ignoranz der Unwelt gegenüber sind. Ist Italien so viel ärmer als Deutschland, dass die Abfallwirtschaft nicht so läuft wie bei uns oder hat es einfach keine Priorität? Ganz ehrlich: Wir kamen uns teilweise vor als wären wir wieder in Nepal. Und da halfen uns die Argumente "die haben echt andere Probleme" und "die haben keine anderen Möglichkeiten". Und hier? Wir sind noch etwas ratlos.



Pompeji an sich, also die antike Stadt, war sehr beeindruckend. Der Eintritt recht happig dafür dass es kaum Infoschilder gibt und man sich also noch einen (Audio-)Guide dazu buchen soll, aber definitiv trotzdem einen Besuch wert. Wir fanden aber man braucht sehr viel Zeit und am besten schon etwas Grundlagenwissen zu der Stadt, welche (Achtung, angelesenes Wissen!) Ende August 79 nach Christus von dem Ausbruch des Vesuvs überrascht wurde.
Die Stadt war unter der Asche sehr gut erhalten und konserviert, als im 16. Jahrhundert die ersten Ausgrabungen begannen.
Heute kann man sich ein richtig gutes Bild der antiken Stadt machen und viele Häuser und Plätze aber auch konservierte Menschen- und Tierkörper besichtigen. 
Wir waren teilweise ein wenig rat- und planlos und lasen erst anschließend noch etwas nach, was das Ganze dann aber anschaulicher gemacht hat.






Gerade sitzen wir im Zug auf dem Weg zur Adria. Also wieder rüber auf die andere Seite des Stiefels. Dort verbringen wir einige Tage bei einem deutschen Paar plus Kind, welches uns nach meinem Hilfeaufruf im Netz eingeladen hat, sie zu besuchen. Wir freuen uns auf ein bisschen Abwechslung und neue nette Leute mit ähnlichem Lebensstil.

Nächste Woche geht es dann für uns alle auf die Fähre nach Griechenland, sofern Corona uns lässt.