Sonntag, 23. Mai 2021

Albanien


Seit ca. acht Wochen sind wir in Albanien. Das Land, welches wir schon seit Anfang unserer Reise erkunden wollten. Jetzt sind wir hier. Und wir lieben es! Woran das liegt?
Irgendwie vermittelt uns Albanien so ein Gefühl von „wir sind nicht weit weg von Deutschland“ und „hier ist es schon richtig exotisch“. Albanien ist so anders verglichen mit seinen Nachbarländern. Abgeschottet unter dem Regime von Enver Hoxha von 1944 bis zu seinem Tod 1985, konnte sich das Land kaum so entwickeln wie andere Balkanländer. Die Zeit der Diktatur hat natürlich ihre Spuren hinterlassen. Beispielsweise mit rund 200.000 im Land verteilten Bunkern, die Hoxha aus Angst vor ausländischen Feinden bauen ließ. 


In Tirana besuchten wir einen großen Bunker, welcher heute ein Museum ist. Es wurde in den unterschiedlichen unterirdischen Räumen alles so nachgestellt, wie es zu der Zeit ausgesehen hat. Verhörräume, Präsidentensuite, Sekretariat und und und. Zudem folgt man anhand von Infotafeln dem zeitlichen Geschehen vom Anfang der Diktatur bis zum Tode Hoxhas. Es wird deutlich wie viele Menschen unter dem Diktator litten und wie viele Menschen auch starben. Es gibt einige Ähnlichkeiten zu der Diktatur unter Adolf Hitler oder auch Kim Jong-un in Nordkorea. Uns hilft es immer mehr das Ganze zu verstehen und greifbar zu machen, wenn wir vor Ort sind. Die Orte, die beschrieben sind, zu sehen und mit Leuten zu sprechen, die all dies miterlebt haben.


In Tirana organisierten wir uns einen Mietwagen und düsten drei Wochen durch das Land. Hier herrscht der Verkehr des Grauens und so waren wir clever und holten den Wagen außerhalb der Stadt ab und schworen uns auf keinen Fall mit dem Auto nach Tirana reinzufahren. Aber auch außerhalb wurde es oft abenteuerlich. Verkehrszeichen…wozu? Kreisverkehr: Alle gleichzeitig rein da, am besten nebeneinander und dann durchwurschteln. Ampeln? Ich glaube wir haben 2-3 gesehen. Die Höchstgeschwindigkeiten nimmt anscheinend keiner ernst. Jeder fährt wie es ihm gefällt oder wie es die Straße zulässt. Einerseits rast jeder so schnell er kann und andererseits kann man auf Autobahnabschnitten mit einer erlaubten Geschwindigkeit von 90km/h öfter nicht schneller als 50 fahren, da man sonst mit der Karre in ein überdimensionales Schlagloch fährt. Falls ihr schon einmal Videos gesehen habt, in denen Autos komplett in Löchern versinken und einfach verschwinden, ich glaube das wurde alles hier gefilmt. Eigentlich könnten alle irren Videos hier gedreht worden sein, bei denen man sich fragt wie DAS passieren konnte. Hier wundert man sich über nichts. 

Jedenfalls wurden unsere Erwartungen nicht enttäuscht, sondern eher übertroffen. Das Land ist wunderschön! Wir fuhren die Berge auf und ab, an der Küste entlang, fuhren zu heißen Quellen und hatten oft knallblaue riesige Flüsse neben uns.




Also, wir können hier einiges empfehlen, wie man den Fotos vielleicht entnehmen kann.
Und trotzdem ist es für uns das Land, in dem wir auf dieser Reise bislang am meisten den Kontrast spüren zwischen arm und reich, zwischen alt und neu und zwischen entwickelt und nicht entwickelt.
Die meisten Leute fahren einen fetten Benz, andere können sich nicht einmal einen Traktor für das Feld leisten.



Es werden palastartige Hotels gebaut neben verfallenen Steinhäusern anderer oder gar nebst einem Slum von Roma und Sinti.

Wir fahren an einem wunderschönen Canyon mit einem eisblauen Fluss entlang, bleiben stehen um Fotos zu machen und stehen auf einer wilden Müllkippe.


Ständig laufen wir durch die Straßen und denken uns „Das ist also Albanien“. 5 Minuten später entdecken wir etwas völlig gegenteiliges und merken „Das ist also auch Albanien“. Ein Land der Kontraste.


Was ihr sicher mitbekommen habt und uns am meisten beschäftigt, sind die Straßenhunde bzw. das Tierwohl allgemein. Man sieht überall Straßenhunde, was ja schon seit Griechenland kein fremdes Bild mehr für uns ist. Durch das Auto hatten wir die Möglichkeit Futter zu kaufen und zwischendurch einfach anzuhalten und Hunde mit Futter und Wasser zu versorgen. Die meisten der Hunde sind sehr ängstlich aufgrund schlechter Erfahrungen mit Menschen. Andere Hunde, wie am Strand in Durres, verfolgten uns noch stundenlang und wollten kuscheln und spielen. Schließlich mussten wir in ein Café flüchten, um nicht ein Rudel Hunde mit ins Gästehaus zu schleppen.


In Ksamil entdeckten wir eine Hundemama mit sechs zuckersüßen Welpen. In unserer Zeit dort versorgten wir die Tiere zusammen mit ein paar anderen Leuten und organisierten bei unserer Abreise würdige Nachfolger. Ein kleiner Rüde wurde sogar schon adoptiert.



Nachdem wir das Auto wieder losgeworden waren – wir machten drei Kreuze das nichts drangekommen ist - fuhren wir Ende April mit dem Bus von Tirana in den Norden nach Shkoder. Hier haben wir ein wunderbares und vor allem tierfreundliches Hostel gefunden, in dem wir uns sehr wohl fühlen. 

Am ersten Tag wollten wir direkt einmal die Berge am Shkoder See erkunden. Und fünf Minuten nach Aufbruch fanden wir ein kleines alleingelassenes Katzenbaby. Unter dem Reifen eines parkenden Autos, mitten auf der Hauptstraße. Keine Katzenmama in Sicht, keine Geschwister und vor allem keine Anwohner die damit irgendwas zu tun haben wollten. Also ab zurück zum Hostel. Dort halfen uns alle die Kleine zu versorgen und sie durfte sogar bei uns schlafen. Das arme Ding suchte ständig nach ihrer Mama und gab sich schließlich mit uns als Ersatz zufrieden. Am dritten Tag brachten wir sie in die Tierklinik, die zu dem ortsansässigen Verein „Animals Need Me“ gehört. 

Mit den Leuten standen wir eh schon im Kontakt, da Laura für ihren Geburtstag ja fleißig Spenden sammelte und wir zudem in der dazugehörigen Hundeauffangstation aushelfen wollten. Also brachten wir schweren Herzens aber mit der Gewissheit, dass sich jemand der Ahnung hat 24/7 kümmern kann, die kleine Katze in die Klinik.

Ein Tag nach Lauras Geburtstag waren wir dann das erste Mal bei den Hunden. Hier leben derzeit rund 60 Hunde, die auf der Straße nicht überleben könnten. Kranke Tiere, alte oder eben auch sehr junge. Es gibt viele viele Welpen aber auch viele Hunde, die schon seit Jahren im Heim sitzen. Dies alles erzählte uns Erza. Eine Albanerin, die zusammen mit ihrem österreichischen Mann vor sieben Jahren den Verein „Pro Qen Albania“ gegründet hat und in Shkoder den albanischen Verein „Animals Need Me“ unterstützt. Neben der Versorgung der Tiere im Heim selber und der medizinischen Versorgung in der Tierklinik, werden außerdem so viele Straßenhunde wie möglich gefüttert, wenn nötig medizinisch behandelt und bestenfalls kastriert. Außerdem versuchen Erza und ihr Mann gesunde Hunde zu vermitteln. Einige der Hunde im Heim sind bereits reserviert und werden demnächst nach Italien und Österreich gebracht. Das ist natürlich wunderbar und das beste, was den Hunden passieren kann. Viele Hunde bringen traurige und grausame Geschichten mit. Andere Hunde hingegen leben weiterhin auf der Straße und scheinen sich recht wohl zu fühlen. Auch hier gibt es wieder große Unterschiede. Wir sehen Leute die den Hunden ausweichen oder nach ihnen treten. Aber wir sehen auch Leute auf der Parkbank sitzend einen Streuner streicheln und füttern. 

Wir hatten uns entschieden die nächsten 2 Wochen vor Ort zu bleiben und im Heim auszuhelfen. Inzwischen sind es vier. Und inzwischen haben wir auch schon wieder ein kleines Wesen bei uns aufgepäppelt. Ein kleiner Rüde, der mir beim Joggen vor die Füße lief. Gleiches Spiel wie bei der Katze. Keiner wollte etwas damit zu tun haben und nichts und niemand war in Sicht. Miko verbrachte eine Woche mit uns im Hostel. Quarantäne aussitzen, bevor er zu den anderen ins Heim konnte. Seit Montag ist er nun dort. Und es ist so unheimlich schwer für ihn und für uns das zu akzeptieren. Unsere Beiträge bei What’s App und Facebook dazu habt ihr bestimmt schon gesehen. Mag ihn jemand adoptieren und damit riskieren einen wunderbaren und treuen besten Freund an seiner Seite zu haben? Schaut gerne mal auf Facebook und auf den Webseiten von „Pro Qen Albania“ und „Animals Need Me“ vorbei. Da warten so viele tolle Hunde.


Ach ja, Albanien ist wirklich seltsam. Anstrengend auf jeden Fall. Aufregend und schön und gleichzeitig deprimierend und grausam. Uns hat das Land irgendwie gepackt…

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