Montag, 29. März 2021

Bulgarien und Nordmazedonien

Hallo ihr Lieben,

Wie ihr sicher gerade gesehen habt, gibt es dieses Mal zwei Blogeinträge. Den von Laura über unsere derzeitigen Gedanken, Ideen und Zweifel. Aber wie angekündigt wollen wir euch natürlich auch ein bisschen was über Bulgarien und Nordmazedonien an sich erzählen. Und das kommt nun.

Bulgarien war für uns nicht so der Hit. Klar, erst einmal war es plötzlich wieder saukalt. Aber auch die Bilder von Armut und den Straßenhunden ließen uns das Land nicht so richtig genießen. Im Internet findet man superschöne Bilder zu Bulgarien und zu Sofia. Aber so richtig warm wurden wir mit dem Land nicht. Trotzdem haben uns natürlich auch viele Dinge gefallen und wir haben fleißig Fotos gemacht. Hier eine kleine Auswahl aus Sofia:


Ein Klek-Shop. Ein Kiosk auf Kniehöhe



Mit einem Leihwagen haben wir dann noch zwei Roadtrips von Sofia aus gemacht und sind an einem Tag Richtung Norden und an einem Tag Richtung Süden gefahren. Im Norden, an der Grenze zu Serbien und Rumänien, gab es die Festung von Belogradtschik zu sehen. Gebaut zwischen dem 1. und 3. Jahrhundert und immer wieder als Versteck und Verteidigungsanlage von verschiedenen Völkern genutzt. Die Römer, die Osmanen, die Russen, die Rumänen. Alle haben schon einmal die Festung besetzt und architektonisch verfeinert.



Am anderen Tag ging es nach Süden ins Rila Gebirge. Dort wollten wir uns das Rila Kloster ansehen und ein wenig wandern gehen. 3 Kilometer vor dem Ziel wurden wir aber von der Polizei gestoppt. Die Straße ist derzeit gesperrt, da sich einige Felsen gelöst hatten und auf die Straßen gefallen waren. Dauert wohl noch bis Ende des Monats. Sagte er zu uns Anfang März… Aber wir sind ja sehr flexibel. Also sind wir einfach auf der gegenüberliegenden Flussseite wandern gegangen. Bis wir gegenüber des Klosters standen. Aber auf der falschen Flussseite eben. Macht aber nichts, weil es trotzdem schön war. Außerdem haben wir später auf der Internetseite gelesen, dass das Kloster derzeit vermehrt um Spenden bittet, da durch Corona natürlich weniger Pilger und Touristen unterwegs sind. Also sollte man nun gerne auch online spenden. Alles nicht bedenklich, außer dem letzten Satz. „Möge der barmherzige Gott jeden nach seinen Taten belohnen“. So so. Seit der Zeit bei Diogenes sind wir noch ein bisschen kritischer unterwegs, was das Ganze angeht. Gott belohnt also diejenigen, die ordentlich Geld spenden? Wir glauben oder hoffen so war das nicht gedacht. Vielleicht ein wenig unglücklich ausgedrückt.





Weiter ging es dann nach einigen Tagen mit dem Zug nach Kjustendil. Klingt nach Schweden, war aber dann doch ein Ort an der Grenze zu Nordmazedonien. Ehrlich gesagt nicht erwähnenswert. In der Gegend kann man wohl Skifahren, aber wir sind einfach ein bisschen umherspaziert und haben zumindest eine alte heiße Quelle entdeckt. Leider nicht zugänglich. Bei dem Wetter in einer heißen Quelle sitzen wäre grandios gewesen. Und eine echte Touristenattraktion für die Gegend. Schade schade.

Der Grenzübertritt, das erste Mal in ein „nicht EU-Land“, war sehr entspannt. Mit einem Taxi fast für umme an die Grenze, rüberlaufen und dann weiter auf der mazedonischen Seite mit einem Taxi nach Skopje. Immerhin waren die Grenzbeamten interessiert warum wir einreisen wollen und ob wir jetzt vor hätten zu laufen. Sie waren doch erleichtert, dass wir uns schon eine Mitfahrgelegenheit organisiert hatten. Saukalt, die Grenze oben in den Bergen zwischen Bulgarien und Nordmazedonien.

In Skopje verbrachten wir einige Tage. Die Stadt wurde 1963 von einem heftigen Erdbeben erschüttert, bei dem fast die ganze Altstadt vernichtet wurde und 1070 Menschen ihr Leben verloren. Später dann entstand ein Projekt namens „Skopje 2014“, bei dem die Stadt architektonisch neu gestaltet werden sollte. Das Projekt wurde stark kritisiert, sowohl auf politischer als auch stilistischer Ebene. Und so hat Skopje heute gefühlt 150 Denkmäler von verschiedensten Helden und Kriegern und viele kitschige Gebäude. Einige davon mit billiger Bausubstanz hochgezogen. 

Wir fanden es ganz nett anzusehen. Ein Gefühl wie im Phantasialand. Kitschig schön und wenn die passende Musik aus einem Café oder Restaurant herausdrang, suchten wir die Schlange um uns für die nächste Achterbahn anzustellen.





Neben der neuen kitschigen Altstadt gibt es aber auch noch den alten Bazar. Auf der anderen Seite des Flusses Vardar liegt das große Handelsviertel, in dem noch echtes Handwerk zu sehen ist und sich ein kleines Geschäft an das nächste reiht. Dazwischen liegen viele Moscheen und man kommt sich ein bisschen vor wie in Istanbul (so stellen wir es uns zumindest vor). Eine sehr schöne und exotische Atmosphäre wie wir fanden. Hier sind wir sehr gerne durch die kleinen Gassen geschlendert, haben den Muezzin rufen gehört und uns die Düfte der Märkte um die Nase wehen lassen.



An einem anderen Tag ging es von Skopje aus zur Matka Schlucht. Sehr zu empfehlen. Ein wenig hat uns die Gegend an den Königssee im Berchtesgadener Land erinnert, nur mit Fluss statt See. Wir machten auf einer Flussseite eine Wanderung hoch zu einer alten Kapelle, von der wir eine wunderbare Aussicht hatten. Runter ging es ein bisschen freestyle, schließlich wollten wir nicht genau den selben Weg zurück wandern. Unten am Fluss angekommen war der einzige Weg rüber ein Staudamm. Es war uns schon ein bisschen klar, dass das nicht ganz legal sein kann. Auf der anderen Seite wurden wir dann auch herzlich von der Security empfangen. Netterweise hat bei seinem hinzugeeilten Kollegen unsere Mitleidsnummer gezogen und wir durften ohne Strafe weiterziehen. Puh, mal wieder Glück gehabt. 





Nun haben wir noch eine Woche im Südwesten des Landes verbracht. Im Ort und am gleichnamigen See „Ohrid“. Einer der ältesten Seen der Welt. Erst einmal ist der See schon Grund genug, dort länger zu verweilen. Glasklar, bis zu 288 Meter tief und riesig groß. Darüber hinaus ist auch das Städtchen Ohrid sehr sehenswert. Die Altstadt ist gut erhalten und es gibt zahlreiche orthodoxe Kirchen (die wie wir finden immer hübsch anzusehen sind) und oben drauf eine große Festung. Rund um den See gab es wohl ursprünglich 365 Kirchen. Für jeden Tag eine.

Neben dem See und dem Ort haben wir uns auch noch das Kloster Sveti Naum angesehen und waren an einem anderen Tag im Nationalpark Galičica wandern. Wandern wollten wir schon lange mal wieder. Wir hatten auch schon gesehen, dass wir wahrscheinlich im Schnee landen würden. Aber dass wir durch so tiefen Schnee stapfen müssen hätten wir dann doch nicht erwartet. Eine recht anstrengende Wanderung. 



Auf dem Weg kamen wir an einem fast verlassenen und verfallenen Dorf vorbei. Hier mussten wir erst einmal Hunde füttern. Die waren nämlich nur noch Haut und Knochen. Auch die Menschen in den halb zerfallenen Bauernhäusern sahen nicht gerade reich aus. Wieder einmal so ein krasser Unterschied zwischen Stadt – oder touristischem Ort- und den Dörfern auf dem Land.




Morgen geht es für uns weiter nach Albanien. Darauf haben wir uns schon seit Anfang der Reise gefreut, aber mussten wegen Corona immer eine andere Route wählen. Und jetzt geht es offiziell und legal über die Grenze. Wir freuen uns sehr. In Albanien wollen wir dann auch gerne wieder ein bisschen länger verweilen, irgendwo Mensch und/oder Tier unterstützen und ein bisschen mehr in das Leben und die Kultur Albaniens eintauchen. Wir werden berichten!

schwierige Zeiten

Nachdem wir nun vier Monate lang die Füße still gehalten und uns im griechischen Lockdown eingerichtet haben, wagten wir es und packten unsere Rucksäcke. Auf in neue Gefilde! Der grobe Plan war es über Land durch die Balkanländer Richtung Deutschland… und dann mal schauen.

Irgendwie wurde es Zeit zu gehen und überhaupt war das Reisen ja auch unser Plan, unser Wunsch, unser Leben geworden. Endlich wieder los zu können weckte Vorfreude und aber auch Wehmut in uns. Griechenland war ein kleines Stück Zuhause geworden, mit seiner Landschaft und den tollen Begegnungen, die wir dort hatten. Aber das Abenteuer rief und so zogen wir los. PCR Test in Athen und ab mit dem Bus nach Bulgarien, die einzig offene Grenze. Danach nach Nordmazedonien. 

Die ausführlichen Berichte zu unserer Zeit in Bulgarien und Nordmazedonien folgen noch, denn jetzt gerade geht es nicht nur um die schöne Reisezeit mit den fabelhaften Fotos.

Die letzten Tage waren sehr intensiv und heute sind unsere Herzen besonders schwer. In Bulgarien wurden wir wieder mehr mit dem Leid der Welt konfrontiert: Viele Straßenhunde, oft überfahren am Straßenrand. Junge Frauen, die leicht bekleidet bei Minusgraden am Straßenrand stehen und darauf warten, dass jemand anhält. Auch in Skopje blieb Armut nicht aus. Auf den neu errichteten und schick-sauberen Gehwegen sitzen Kinder und Mütter bei der Kälte und betteln um ein paar Denar. 

An einem Tag liefen wir durch die Innenstadt als uns ein großer, schmutzig aussehender Mann auffiel. Mehrmals kreuzten sich unsere Wege und er schien mit uns Kontakt aufnehmen zu wollen. Da es uns oft schwer fällt aufdringliche oder bettelnde Menschen aus dem Weg zu gehen, versuchten wir ihm irgendwie im Vorfeld auszuweichen. Wir unterhielten uns auf deutsch und darüber, dass wir den Kontakt gerne meiden würden. Doch genau das war es, was ihn dazu motivierte uns anzusprechen. Er wirkte erfreut, endlich jemanden zum reden zu haben. Wir liefen weiter und versuchten irgendwie aus der Situation zu kommen. Doch er blieb hartnäckig. Er schilderte uns, dass er gerade zu Fuß von Griechenland aus gekommen sei. Er komme aus Syrien und sei nun seit 3 Monaten als Flüchtling unterwegs. Sein Ziel sei eine Organisation in Serbien, die ihm helfe seine Frau und Kinder aus Syrien zu holen. Er bitte nur um ein Gefallen: Geld für das Ticket nach Serbien. Er laufe den ganzen Tag durch die Stadt, keiner höre ihm zu, er brauche so dringend Hilfe. Ja, er sei schmutzig, aber er sei auch nur ein Mensch, für ihn gehe es ums Überleben. Er müsse so dringend versuchen nach Serbien zu kommen, wenn er seine Frau und Kinder lebend wiedersehen wolle. Und das müsse schnell gehen, weil in einer halben Stunde Ausgangssperre ist.

Und, was denkst du, wenn du diese Zeilen liest? „Hilf dem armen Mann!“ oder „Lasst euch nicht reinlegen!“?

Wir wussten nicht, was wir denken sollten. Einerseits kennt man diese Mitleidgeschichten, die dazu dienen einem Geld aus der Tasche zu locken. Andererseits: Was ist, wenn er die Wahrheit spricht? Wie schrecklich muss es sein in seiner Haut zu stecken!
Wir hörten uns seine Geschichte an. Und nach langem Hin und Her entschieden wir uns ihm etwas Geld zu geben. Als er weg war, beschäftigte uns die Begegnung noch lange. Wir waren richtig aufgewühlt, als hätte sich seine Verzweiflung auf uns übertragen. War es nun die Wahrheit oder eine Masche? Waren wir zu nett oder zu geizig? Warum können wir nicht einfach vertrauen und einem Menschen in Not helfen? Warum schauen wir lieber weg? Weil wir Angst haben, dass uns etwas genommen wird? Weil wir misstrauen. 
Wir „wissen“ nicht, ob er uns etwas vorgemacht hat. Aber seine schmutzige Kleidung, seine Verzweiflung, seine freundlich bleibende Art, seine Hektik… unser Bauchgefühl sagte uns, dass er wirklich in Not war. Und wenn nicht, dann werden wir zumindest nicht verhungern, weil wir ihm 15€ gegeben haben. 

Und dass wir einen Menschen getroffen haben, der gerade auf der Flucht ist und wortwörtlich „um sein Leben rennt“, bewegte uns tief. Es zeigte wieder, was für ein verdammtes Glück wir haben in Deutschland geboren worden zu sein. Denn ob wir in Armut und Krieg oder Wohlstand und Frieden leben, ist reine Glückssache. Dafür sollten wir viel öfter dankbar sein!

Genauso wie für Gesundheit. Gerade in diesen Zeiten ist es präsent wie noch nie. Vor ein paar Tagen haben wir erfahren, dass ein guter Freund sehr krank ist. Ganz plötzlich und ganz schwer. Das macht uns tief traurig. Man weiß nie, was kommt. Also wie soll man sein Leben leben? Wir sind so froh, dass wir unterwegs sein und uns die Welt anschauen dürfen. Anstatt im Job festzuhängen oder ein Leben zu führen was uns nicht erfüllt. Und dennoch bringt uns die Coronasituation immer wieder zum Zweifeln.

Corona und Reisen – ja, genau das sollen wir alle nicht tun. Und seit wir wieder unterwegs sind, holt uns das schlechte Gewissen wieder ein. Ist es ok, dass wir uns hier von A nach B bewegen? Immer wieder hinterfragen wir unser Reisen. Sammeln Pros und Kontras. 

In Griechenland haben wir uns fast gar nicht bewegt. Wir hatten auch viel weniger Kontakt zu Menschen als wir es zuhause in unseren sozialen Berufen hätten. Und die Menschen, die wir getroffen haben waren immer Menschen, die sich selbst ganz bewusst für Kontakt in Coronazeiten entschieden haben. Meistens waren wir draußen und Masken tragen wir seit Italien eh immer, sobald wir rausgehen.

Und jetzt? Unser Freund ist im Krankenhaus – kaum auszumalen, was wäre wenn er aufgrund dessen keinen Platz mehr bekommen hätte? Wir wissen natürlich nicht, wie die Situation wirklich aussieht. Was Angstmache ist, was Realität ist – wer weiß das schon? Aber ganz unabhängig davon wollen wir natürlich nicht dazu beitragen. Selbst krank werden macht uns weniger Angst, auch wenn die Aussicht auf ein Krankenaus in den Balkanländern nicht die rosigste ist. Oft wünschen wir uns, wie viele andere auch, dass wir geimpft sind und der Spuk vorbei ist, damit wir sorgenfrei das tun können, worauf wir uns so lange vorbereitet haben – Reisen. 

Und genauso oft fragen wir uns, was wohl ihr lieben Blogleser in Deutschland denkt, wenn wir wieder schöne Fotos schicken?! Unsere Vorstellung reicht von Freude über Neid und Anklage, wie verantwortungslos wir doch sind. Wir können uns gut vorstellen, dass viele unsere Reise kritisch sehen. Und auch wir kommen immer wieder in große Zweifel. Und nach langen Debatten kommen wir immer zu dem Entschluss, dass wir weitermachen. So kontaktlos wie möglich. Und so langsam wie möglich. Statt durch alle Balkanländer zu rauschen, beschränken wir uns auf wenige Länder und verweilen. Lieber in Unterkünften zu zweit und wie immer möglichst alleine in der Natur wandernd. Natürlich genießen wir es auch, wenn man mal Essengehen darf und alles etwas lockerer von statten geht, das würden wir in Deutschland ja auch. 

Und dann gibt es noch das Argument, was im ersten Moment fadenscheinig wirkt, aber bei näherer Betrachtung nicht zu unterschätzen ist: Wir tragen zumindest etwas zum Tourismus bei. Gerade die armen Länder leben vom Tourismus. Und wenn wir aus unserer deutschen Wohlstandsperspektive darauf gucken wäre die Entscheidung easy für „Gesundheit“ anstatt für Tourismus = Geld. Hier gibt es vielleicht keine  gute medizinische Versorgung, aber auch keinen Sozialstaat, der die Menschen auffängt. Heißt: kein Tourismus, kein Geld. Kein Geld bedeutet hier kein Essen, kein Dach über‘m Kopf, keine gesundheitliche Versorgung. Und diese Form von Armut ist einfach unvergleichbar mit unserem kuschelig deutschen System. 

Vielleicht sind auch das alles nur Rechtfertigungsversuche um unser Gewissen zu beruhigen. Aber so oder so, in Deutschland würden wir uns nicht besser aufgehoben fühlen. Und Fakt ist, dass wir uns zwar bewegen, aber bei weitem weniger Kontakte haben als in unserem bisherigen sozialen Umfeld. Und wir richten die Reise auch sehr danach aus. 
Corona lenkt unsere Reise und lässt uns viel tiefer in alles eintauchen als wir es sonst getan hätten. Schade ist es, nicht mehr so frei zu sein, aber wir bereuen nichts und sind dankbar für alle bisherigen Erfahrungen und freuen uns auf das was kommt. 



 

Donnerstag, 4. März 2021

Wir retten die Welt...zumindest ein bisschen


Bald können wir uns wohl einbürgern lassen. Denn: Wir sind immer noch in Griechenland. Gedanklich haben wir die Welt in den letzten Wochen bestimmt mindestens einmal umrundet. Erst hatten wir die Idee nach Mexiko zu fliegen, dann sollte es Marokko sein, danach Südafrika, oder dann vielleicht doch Tansania, Sambia und Namibia….Oder doch wieder Marokko? Hmmm. Viel viel Planung um letztendlich festzustellen, dass nichts davon gerade geht. Griechenland ist weiter im Lockdown und wir hatten irgendwann akzeptiert, dass wir wohl doch einfach bleiben. In dem schönen gemütlichen Steinhaus von Lisa. Nachdem wir das Ganze verdaut hatten, konnten wir es auch wieder mehr genießen. Also blieben wir erst einmal. Zumal wir schon eine Menge toller Bekanntschaften gemacht hatten, wir das Steinhaus liebten und wir uns sowieso so gar nicht über unsere Situation hätten beschweren können.

 

Lisa, der das Steinhaus gehört, halfen wir an einem Tag bei der Olivenernte auf dem Land neben dem Haus. Dieses Mal mit den elektronischen Erntebesen statt mit Stöcken. Gar nicht so leicht die Dinger permanent über dem Kopf in die Äste zu halten und die Oliven damit von den Zweigen herunter zu schießen. Ein bisschen wie eine Decke im Haus streichen. Das gibt sicher Mukis wenn man das jeden Tag macht. Unser größter Respekt. Und die Ausbeute für die Farmer, wenn sie dann das fertige Öl verkaufen ist wirklich ein Witz. Rund 2,50 Euro pro Liter kaltgepresstem Bio-Olivenöl.

Anmerkung: 5 Kilogramm Oliven ergeben ca. einen Liter Öl und ein Baum kann 50-100kg Oliven tragen. Ergo: 10-20 Liter Öl pro Baum.

Für DIE Arbeit und dafür, dass wir mittlerweile große Fans von gutem Öl sind finden wir es müsste noch viel teurer sein. Wir haben uns durch viele verschiedene Öle probiert. Wir können uns gar nicht mehr vorstellen im Supermarkt einfach irgendwelches Olivenöl zu kaufen. Das schmeckt ja alles nicht mehr. Zumal wir uns freuen, wenn wir vielleicht zukünftig Freunde und Bekannte aus Griechenland unterstützen und ihr Öl kaufen können. Zu einem fairen Preis.

 

Ein paar Tage später hat uns Lisa dann auch zu ihren Gewächshäusern mitgenommen. Hier baut sie mit ihrem Mann Costas Auberginen an und verkauft sie dann an Händler. Auch diese Arbeit war nicht ohne. Da kriegt man schon schnell mal Rücken. Lisa hatte so ein Tempo drauf, dass sie sicher schneller mit dem Pflanzen war als Laura und ich zusammen. Und wir haben nur ein Viertel eines Gewächshauses bepflanzt. Lisa und Costas haben vier große Gewächshäuser…auch hier wieder unser größter Respekt vor dieser Arbeit. Und das Ganze übrigens auch wieder für einen lächerlichen Preis von 15 Cent pro Kilogramm. Kein Wunder, dass die Farmer den ganzen Tag unterwegs sind und richtig viel arbeiten. Ansonsten kann man ja nicht davon leben. Meiner Meinung nach sind doch landwirtschaftliche Tätigkeiten mit die wichtigsten Arbeiten, denn schließlich bekommen wir daher unsere Lebensmittel. Und dann wir man mit ein paar Euro abgespeist?!

 

Ihr seht schon, ich drehe heute richtig auf. Ich setze nämlich noch einen drauf! Letzte Woche waren wir zweimal mit zwei anderen deutschen Mädels containern. Bestimmt hat der ein oder andere von euch schon mal davon gehört und wir fanden es sehr spannend einfach mal mitzufahren und das Ganze zu erleben. Beim Containern holt man sich aus den Tonnen der Supermärkte die Lebensmittel raus, die weggeschmissen wurden. Weil sie nicht mehr schön genug aussehen, weil das Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen ist, weil eine Flasche eine Delle hat, weil am Salat ein gelbes Blatt hängt usw. Und weil ja einfach so viel von allem da ist, dass gar nicht alles verkauft wird und dann Platz machen muss für neue Ware. Total irre wenn man das mal selber erlebt.


Natürlich war uns beim ersten Mal auch ein bisschen mulmig. Offiziell ist es illegal Lebensmittel zu retten. Und auch ein gewisses Schamgefühl schlich sich ein. Was sollen die Leute denken, was ist wenn uns jemand sieht usw. Der Discounter und noch ein benachbarter Supermarkt bescherte uns ca. 30 Flaschen Duschgel und einiges an Gemüse. Dazu kam noch, dass der Discounter seine Weihnachtsartikel verbannt hatte und daher über 100 unbenutzte Plastiktüten des Marktes mit Weihnachtsmotiv in der Tonne landeten. Produziertes Wegwerf-Plastik für die Weihnachtszeit, um es dann unbenutzt wegzuhauen. Na frohe Weihnachten! Wie bekloppt und auch einfach tragisch!

Nun hatten wir eine Menge Mülltüten für die nächste Zeit, Duschgel für das ganze Dorf und genügend zu essen für uns. Einfach so. Weil die oben genannten Gründe für das Wegwerfen ausreichen. Und die Sachen für den Konsumenten „unbrauchbar“  sind und raus müssen. Bei dem Supermarkt bekamen wir noch Besuch von einigen Mitarbeitern, die weitere Sachen brachten. Im Markt gibt es eine Theke mit schon zubereiteten Speisen wie Braten, Pasteten usw., die natürlich auch nach einer gewissen Zeit weggeschmissen werden müssen. Unserer Meinung nach nochmal eine Schippe schlimmer, wenn ein Tier dann auch noch „umsonst“ gestorben ist. Dafür, dass das Fleisch in der Theke herumliegt und schließlich doch entsorgt wird. Zum Kotzen. Alle Dinge und Lebensmittel die wir fanden und die uns noch obendrauf gegeben wurden hätten nicht in der Tonne landen müssen. Ein für uns unverständliches System, wenn noch so viele Menschen damit hätten satt gemacht und versorgt werden können. Was läuft da alles schief bei uns?? Schaut euch mal diese Ausbeute an, die wir an einem Nachmittag auf dem Hinterhof eines Supermarktes gemacht haben. Wahnsinn!

 


Und weil dieser Blogeintrag wohl unter dem Namen „Rettet die Welt“ stehen könnte, mache ich gleich weiter. Denn einen beach cleanup, also eine Strandsäuberung, gab es bei uns am Strand in Elea auch noch. Da waren Laura und ich natürlich auch sofort dabei. Organisiert wurde der Cleanup von „One Earth One Ocean“. Ralf und Tina aus Deutschland machten im Vorhinein fleißig Werbung bei den anderen Campern unten am Strand und so erfuhren auch wir davon. Also Müllsack unter den Arm geklemmt und losgelaufen. Die Säcke waren ziemlich schnell voll und obwohl es genügend Nachschub gab und wir eine große Truppe waren, hatten wir das Gefühl am Nachmittag lange nicht fertig geworden zu sein. Einerseits ist es sehr frustrierend, dass man sich allen halben Meter bücken kann und andererseits war es auch befreiend zu sehen, wie viel Müll gemeinsam in so kurzer Zeit beseitigt werden kann. Jetzt können die Schildkröten kommen! Naja, wenn man denn glaubt, dass kein neuer Müll angespült wird, die Leute ihren Mist vom Strand wieder einpacken und sich alle vorbildlich benehmen. Aber immerhin hatten wir kurzzeitig das Gefühl, alles sei jetzt ein bisschen besser. Die „unechten Karettschildkröten“ (ja, so heißen sie) kommen übrigens im Mai an Land, um ihre Eier am Strand abzulegen. Schade, dass wir das wohl verpassen werden. Bestenfalls müssen sie sich dann nicht durch allzu viel Abfall ihren Weg bahnen.



Und nu? Jetzt sind wir schlussendlich doch weitergezogen. Ok, ganz so weit haben wir es noch nicht geschafft, aber immerhin ein Stückchen näher in Richtung nächstes Ziel. Wir sind gerade in Athen bei meiner Freundin Elli. Elli hatten wir im Sommer schon im Spreewald getroffen und inzwischen arbeitet sie hier für „Medecins sans frontieres“, also für „Ärzte ohne Grenzen“. Sie pendelt wochenweise zwischen der Insel Samos und Athen hin und her und arbeitet als Psychologin mit Flüchtlingen. Wir versuchen Elli in den nächsten Tagen einen schönen und entspannten Feierabend zu bereiten und planen zwischendrin unser Weiterziehen. Unser Freund Diogenes ist auch gerade in Athen. Einer der schwersten Abschiede steht uns also noch bevor. Oder wir schmeißen wieder alles über den Haufen und bleiben noch. Wir werden sehen….und berichten.

Fest steht, dass uns eine Menge Leute hier fehlen werden und mindestens genauso viele Vierbeiner.  Danke für die wunderbare Zeit bei und mit euch!!!

Ευχαριστώ Ελλάδα!!!